Freitag, 28. März 2014

Itch - The Deep End (Red Bull Records)

The King Blues haben sich viel zu früh aufgelöst - das habe ich an dieser Stelle ja schon mehrfach betont. Die Band war textlich und musikalisch eine Klasse für sich, kombinierte Punk-Spirit ganz ungeniert mit HipHop und Pop - und hinterließ leider eine viel zu kurze Discographie. Immerhin: Frontmann Itch macht seit einiger Zeit solo weiter. Erst gab es überraschend elektronische EPs, die dem Gossen-Slang und den anklagenden Texten noch eine heftige Prise Dubstep beimixten; jetzt liegt das Debüt-Album vor - und wie auch schon bei The King Blues habe ich hier erneut das Gefühl, dass die Scheibe eigentlich durch die Decke gehen müsste.

Im Vergleich zu den EPs ist er wieder etwas zahmer geworden - die Skrillex-Momente sind seltener geworden, und obwohl der Stilmix immer noch sehr breit ist, landet doch fast jeder Song auf direktem Weg im Ohrwurm-Fach. Das liegt vor allem auch daran, dass Itch es schafft, Punk-sozialisierte Hörer erfolgreich mit Musik zu beschallen, die sie sonst niemals freiwillig auflegen würden. Das reicht bis hin zum cheesy Stadion-Pop und Eurodance-Anleihen - nur dass auch der eingängigste Moment eben von den gewohnt sozialkritischen Texten und der rotzigen Attitüde lebt.

Die erste Single "Life Is Poetry" etwa hätte so auch von The King Blues stammen können und ist mit ihrem hymnischen Refrain ein Radio-taugliches Kleinod, "Homeless Romantic" (mit Adam Lazarra von Taking Back Sunday) verströmt sonniges Pop-Punk-Gefühl, "Laugh" legt noch eine Schippe Sommer drauf und lässt an späte Sugar Ray denken. Überhaupt, eigentlich könnte man jeden Song positiv hervorheben: "Like I'm Drugs" lädt mit Disco-Beats auf die Tanzfläche, "Another Man" ist irgendwas zwischen Petticoat-Rock&Roll, Country und Pop-Hit, "Bottom Of The Glass" landet dann punktgenau zwischen Eminem und The Streets. Die Scheibe strotzt nur so vor potenziellen Chartstürmern, verliert aber nie ihren Punk-Bezug und hat zudem noch einige weitere tolle Gatsauftritte, etwa von Roger Manganelli (Less Than Jake) oder Matisyahu.

So traurig also der eingangs erwähnte Verlust von The King Blues auch ist - wer keinerlei Berührungsängste mit sehr poppigen Tönen hat, sollte "The Deep End" schon mal für den kommenden Sommer auf Dauerrotation schalten.