Samstag, 2. Juni 2012

Breaking Free im Interview

Wer sich in den Neunziger Jahren in der Berliner Hardcore-Szene herumtrieb, stolperte zwangsläufig früher oder später über Breaking Free. Die Jungs waren vorübergehend eine der vielversprechendsten Hauptstadt-Kapellen, spielten Shows mit Bands wie Refused, Ignite oder Battery und nahmen eine vielbeachtete Split-EP mit No Trust In It auf, die damals via Campesina Records erschien. Allerdings währte die Zeit von Breaking Free nur von 1993 bis 1997 - bevor es auch überregional richtig losgehen konnte war schon wieder Schluss. Kürzlich spielte man in Berlin allerdings eine Reunion-Show - wir sprachen mit Gitarrist David Pankrath, vielen auch durch seine Zeit bei Sunday Inn bekannt, nicht nur über die alten Zeiten.

Hi David, ihr habt kürzlich mal wieder eine Show in Berlin gespielt - wie lief es?

Hey Tito, lang lang ist's her und schön mal wieder von Dir zu hören. Die Show lief sehr gut und wir sind alle glücklich, dass uns die Leute einen so tollen Abend beschert haben, an den wir sicher noch lange zurück denken werden.

War es eigentlich nur schön, die ganzen alten Leute mal wieder zu sehen - oder manchmal auch beängstigend, weil man sieht, wie alt andere und man selbst ja auch geworden sind?

Nein beängstigend in keinster Weise. Denn ich glaube ich spreche auch für meine Bandkollegen, wenn ich sage, dass wir mit dem Älterwerden keinerlei Probleme haben. Ganz im Gegenteil. Und natürlich war es sehr schön so viele alte bekannte Gesichter bei unserer Show nach all den Jahren mal wieder zu sehen. Ich hatte so viele tolle Gespräche den Abend über die guten alten Zeiten, aber auch darüber wie sich das Leben so mit der Zeit entwickelt hat. Viele haben mittlerweile eigene Kinder, eine eigene Familie und sind beruflich sehr interessante, spannende Wege gegangen. Ich selbst erwarte bald meinen ersten Sohn und habe ein kleines Haus im Grünen und bin über die Entwicklung sehr glücklich. Man kann ja auch nicht immer nur seiner sorgenlosen Schulzeit hinterher trauern. Das wäre doch sehr langweilig.

War das Ganze jetzt eigentlich eine offizielle Reunion, sind Breaking Free also wieder aktiv, nachdem es ja wohl schon letztes Jahr Proben, einen neuen Song und eine Show gab? Oder war es einfach nur mal eine einmalige Angelegenheit?

Nein, eine offizielle Reunion in dem Sinne kann man das nicht nennen. Denn wir haben nicht geplant Breaking Free als feste Band jetzt weiterzuführen. Dafür fehlt uns einerseits aus beruflichen Gründen vor allem die Zeit und andererseits hat z.B. Boris, unser Drummer, noch andere musikalische Projekte, die er nun intensivieren möchte. Aber es ist trotzdem nicht auszuschließen, dass wir in absehbarer Zeit so ein Berlin-Hardcore-Familientreffen wie bei unserer Show wiederholen werden. Vielleicht diesmal im Süden Berlins bei unseren Freunden der MeYouShoeCrew, die uns netterweise bei unserer Show supportet haben.

Was denkst Du heute über Eure alten Songs, vor allem auch die Texte? Kannst Du das noch alles nachempfinden?

Hmm, eine schwierige Frage. An den alten Songs hängen so viele gute Erinnerungen und Anekdoten von früher, dass sie bei mir schon dadurch ein positives Gefühl auslösen. Textlich gesehen stehe ich grundsätzlich noch voll hinter den Inhalten der Songs, auch wenn wir sie heute sicherlich anders schreiben würden. Denn die meisten unserer Texte haben wir als 9.-klässler in irgendwelchen langweiligen Schulstunden geschrieben. Ich möchte meinen, mein Englisch hat sich seitdem doch etwas weiterentwickelt. Aber die Themen wie Politik, Vegetarismus, Umweltzerstörung und generell das Unheil dieser Welt bewegen mich heute noch genauso wie vor 19 Jahren als wir die Band gegründet haben.

Verfolgst Du die Berliner Hardcore-Szene noch? und wenn ja - was sind für dich die größten Unterschiede, wenn Du sie mit Eurer Zeit in den Neunzigern vergleichst?

Ich muss gestehen: Die Berliner-Hardcore-Szene verfolge ich allerhöchstens noch am Rande. Natürliche kriegt man noch hier und da einiges mit, alleine durch den regelmäßigen Kontakt zu unseren Freunden von CoreTex oder anderen Bands von früher, aber dass ich mich regelmäßig auf Hardcore-Shows bewege oder alle neuen Bands kennen würde, wäre glatt gelogen. Die letzten Shows die ich besucht habe, war der Auftritt der Gorilla Biscuits am 1. Mai und das Madball / H2O Konzert im SO36 für kurzem. Also auch alles Bands von früher.
Daher kann ich auch schlecht einen Vergleich ziehen zu der heutigen Zeit und wie die Szene funktioniert. Früher hatten wir einen enormen Zusammenhalt in der Szene. Man traf an den Wochenenden auf den Shows meist immer die selben Leute. Man kannte und schätzte sich gegenseitig und hatte diese gemeinsame Leidenschaft für die Musik. Eine Zeit die ich definitiv nicht missen will.

Habt Ihr eigentlich in der Band über all die Jahre Kontakt gehalten? Oder mussten erst alles wieder zusammen getrommelt werden?

Das war unterschiedlich. Mit Nils (Gitarre) zum Beispiel hatte ich all die Jahre engen Kontakt. Mit den anderen Boris, Manuel und Fred eher sporadisch. Aber man hatte sich zumindest nie ganz aus den Augen verloren. Irgendwann hatten wir uns dann mal, mehr durch Zufall, alle auf einer Party getroffen und beschlossen, dass es doch witzig wär nochmal zusammen Musik zu machen. Und so haben wir das dann in Angriff genommen. Zunächst im alten Proberaum von Sunday Inn und später bei InMyStreet in Schöneberg. Leider stellte sich heraus dass Fred die Reunion nicht mitspielen konnte, da er noch eine andere Band hatte und beruflich das einfach nicht auf die Reihe bekam. Also entschieden wir uns umzudisponieren. Ich übernahm den Gesang und unser alter Freund José (früher bei No Trust In It + Airado) sprang für mich an der Gitarre ein.

Nochmal zum Thema Reunion, das dank Bands wie Refused ja aktuell wieder groß in der Diskussion ist - was denkst als Musikfan, und nicht als Musiker, über solche Comebacks?

Als Musikfan finde ich Reunions keine schlechte Sache. Wenn ich zum Beispiel an die Youth Of Today Reunion vor ein paar Jahren im Kato denke, kriege ich noch immer ein Lächeln im Gesicht. Der Abend war wie eine riesige Zeitreise und allein wegen der ganzen lieben Leute und bekannten Gesichter von früher jeden Cent an Eintritt wert. Musikalisch gesehen muss das jeder Band selbst überlassen bleiben. Es sollte natürlich nicht der Eindruck entsehen, dass man das nur des Geldes wegen macht. Aber wenn das Feuer in einem nochmal anfängt zu lodern, warum denn nicht!? Wir gehören ja noch nicht zum alten Eisen.

Was kann man von Euch noch erwarten in absehbarer Zeit - sei es mit Breaking Free oder eventuell anderen Projekten?

Das wird die Zeit mit sich bringen. Breaking Free liegt jetzt erstmal wieder auf Eis und wartet darauf das nächste Mal geweckt zu werden. Was auch bestimmt irgendwann passieren wird. Und mit der Zeit werden sicherlich andere musikalische Projekte vorangetrieben. Boris und José sind da irgendwas am planen und ich werde mich jetzt erstmal auf mein Leben als Familienvater konzentrieren. Und wer weiß, vielleicht ja irgendwann nochmal die Reunion mit meiner anderen großen Liebe...Sunday Inn.